21. November 2022

Genug ist genug. 7 Thesen aus der Tagung

Die folgenden Thesen greifen wesentliche Impulse aus der diesjährigen Tagung des Katholischen Forums auf und können als Bezugspunkt für die weiterführende Diskussion dienen.

Genug ist genug. Womit hören wir auf? Worauf hören wir?

1. Es reicht! Eine solch klare und unmissverständliche Reaktion auf die drängenden Fragen und Nöte unserer Zeit unterstreicht die Dringlichkeit eines tiefgreifenden Umdenkens. Um mit etwas aufhören zu können, das so nicht weitergehen kann, fragen wir uns, worauf wir hören müssen. Es gilt, das Hören im Getöse unserer Zeit neu zu lernen, zu verstehen, was uns am Hören auf die Fragen unserer Zeit hindert und das genaue Hinhören wieder zu lernen. Abraham hörte auf den Zuspruch Gottes, der ihn zum Fortgehen aus seinem Vaterland und von seiner Verwandtschaft aufforderte. Dieses Hören befähigte ihn, die Sicherheiten und Selbstverständlichkeiten seines Lebens und seiner Zeit hinter sich zu lassen und ein neues Land zu gewinnen.

2. Der Samariter lässt sich vom Anblick des von Wegelagerern niedergeschlagenen Juden anrühren und das Hören auf dessen „stummen Schrei“ fährt ihm in die Eingeweide. Die Hinwendung zum Darniederliegenden und seine Fürsorge für ihn ist eine Frucht des Hinhörens und des Hinsehens. Die in unserer Gesellschaft mächtig gewordenen institutionalisierten Verfahren der Vorsorge lassen Haltungen der Fürsorge, des sich umeinander Kümmerns, des füreinander Daseins dahinschwinden. „Auf den Schrei der Erde und die Klage der Armen zu hören“, ermahnt uns Papst Franziskus in seiner Enzyklika Laudato sii. Ein solches Hören befähigt uns zu einer fürsorglichen Haltung, der Grundlage einer menschlichen Gesellschaft

3. Über alle kulturellen Grenzen hinweg preisen die großen Weisheitslehrer/innen aus unterschiedlichen philosophischen Traditionen und religiösen Bewegungen die einfache Lebensführung, Genügsamkeit, Verzicht und persönliche Mäßigung. In unserer Gesellschaft scheinen diese Orientierungen im Zuge der Fortschrittseuphorie und des Wirtschaftswachstums in Vergessenheit geraten zu sein, und das nicht nur in der persönlichen Lebensführung, sondern auch in der Gesellschaft als Ganzes. Die ökonomische Durchdringung aller Lebensbereiche und ein blindes Vertrauen in die technische Lösbarkeit aller zu Tage getretenen Probleme ökologischer und sozialer Natur sind auch in unserem Land nicht zu übersehen und einem guten Leben abträglich.

4. Traditionelle kirchliche Strukturen der Leitung, Entscheidung und Autorität und der Organisation von Gemeinschaft sind brüchig geworden und haben an Glaubwürdigkeit verloren. Die Forderung nach Beteiligung ausgeschlossener Gruppen, die Verteilung von Macht und Entscheidungsgewalt stellen die tradierten Amtsstrukturen der Kirche grundlegend in Frage. Der von Papst Franziskus initiierte Weg der Synodalität stellt das Zuhören in den Mittelpunkt. Das Hinhören auf den und die Anderen, auch auf jene, die oft unbeachtet oder ausgeschlossen sind oder die unsere Denkweise in Frage stellen, öffnet im gemeinsamen Gehen – inspiriert vom Wort der Schrift – den Blick für das, was zu Ende geht ebenso wie für das, was neu im Entstehen ist.

5. Weltweite Migration ist eine der herausfordernden Signaturen unserer Zeit. Für die Kirche, die sich in ihrem Selbstverständnis als „wanderndes Volk Gottes“ ihres migratorischen Hintergrunds bewusst ist, kann sich die Reaktion auf dieses Phänomen nicht nur auf ein karitatives Handeln beschränken. Das Hören auf die Stimme der Fremden, der Geflüchteten, der Arbeit Suchenden bedeutet für die Kirche, Räume der Anerkennung und der Begegnung, Räume für ihre Erzählungen, ihre Geschichten und ihre Spiritualität anzubieten. Die Stimmen und die Gesichter der Menschen mit Migrationshintergrund fordern die Kirche und die Gesellschaft heraus und bieten gleichzeitig die Möglichkeit zu mitmenschlichem Handeln.

6. Das Genug liegt zwischen dem „Zuviel“ und dem „Zuwenig“. Viel hängt davon ab, ob wir als Gesellschaft bereit sind, ein „Genug“ anzuerkennen.
Gemeinschaftlich die Grenzen dafür festzulegen für das, was genug ist und deshalb ausreichend und gut für unsere Gesellschaft, wird zukünftig die politische Agenda bestimmen müssen, um der Forderung nach Nachhaltigkeit gerecht zu werden. Dabei ist klar, dass jede politische Strategie der Selbstbegrenzung, jede Politik hin zu Maß und Genügsamkeit, die soziale Gerechtigkeit im Blick behalten muss. Verzicht, in Zukunft gesellschaftlich notwendig, darf deshalb nicht sozial undifferenziert gedacht werden, sondern muss vor allem „oben“ beginnen und sichtbar werden.

7. Die Fähigkeit des Hörens ist in unserer lauten Welt zutiefst bedroht. Das Hören, das auf-etwas-Hören, das Zuhören war in der Vergangenheit noch eine aktive und in der Leiblichkeit verankerte Tätigkeit. Es ist zusehends durch eine Überflutung von Reizen und Signalen, die täglich über technische Geräte und Lautsprecher auf unser Ohr treffen, bedroht. Das Hören bedarf des Schweigens und es wächst in der Stille. Die Kirche blickt auf eine lange Tradition in der Pflege von Orten und Zeiten der Stille und des Gebets zurück und kann diese Erfahrung als Geschenk für unsere Zeit bereithalten. Daraus erwachsen die Kraft und der Mut zum Anfangen. Anfangen womit? Mit dem Aufhören!

25. Oktober 2022

Der Friedhof als besonderer Ort einer tiefen Convivialität

Ferdinand Kaineder, Präsident der Katholischen Aktion Österreichs, hat zum Fest Allerheiligen folgenden Text verfasst. Er lädt zum Nachdenken ein.

Erst wenn Rituale geteilt werden, entfalten sie ihre Kraft. Gerade die Feiern, die Liturgien und die lokalen Riten, Symbole und Traditionen rund um den Tod, die zu Allerheiligen und Allerseelen in besonderer Weise begangen werden, bieten eine besondere Chance, sich als dankbare Lebensgemeinschaft zu erleben, sich in einer zweckfreien Convivialität aufgehoben zu wissen. Die Blumen, die Lichter, die Prozessionen, die Gebete, die Musik führen uns in das tiefe Geheimnis des gemeinsamen Lebens (lat. con vivere), hin zu den Lieben, die vorausgegangen sind und doch ganz zu unserem Leben gehören.

Das Sterben und der Tod haben in unserer auf Nutzen und Zweck, auf Schnelligkeit und marktorientierter Lebensökonomie basierenden technogenen Gesellschaft den Charakter eines Betriebsunfalles bekommen. Sterbende werden zum Teil an die Ränder und in Ghettos gedrängt. Der Tod ist zu einem Maschinenschaden menschlichen Lebens geworden. Die Welt begreift sich immer öfter als große Megamaschine, ist geprägt von der Austreibung des Anderen, des Fremden, des Unangenehmen und entfaltet entlang von Algorithmen, die keinerlei Zwischentöne kennen, ein Leistungsdenken und ein Selbstoptimieren, das Distanziertheit und „Kommunikation ohne Gemeinschaft“ entfaltet. Im allgegenwärtigen Wachstums- und Produktionsmodus gibt es im Grunde nur zwei Daseinsformen: funktionieren oder kaputt. Der Tod wird als Missgeschick, eben als Betriebsunfall gedeutet. Der Friedhof ist deshalb für viele ein unangenehmer Ort geworden.

Als Katholische Aktion ermutigen wir Menschen gerade zu Allerheiligen, Allerseelen, eine vielleicht neue Form der Convivialität, des Zusammenlebens, Zusammenspürens und Zusammenfeierns in den Blick zu nehmen. Dieses „Zusammen-leben“ orientiert sich an der gelebten und zweckfreien Gastfreundschaft, öffnet Räume, um das Gemeinsame, den Zusammenhalt, das Zusammengehören wieder in den Mittelpunkt zu stellen, ganz haptisch. Solche Convivialität ist geprägt von einer ruhigen Einfachheit, von einer glücklichen Genügsamkeit und anerkennt Grenzen. Der Tod hat keine Taschen, wo du etwas mitnehmen könntest. Die Not wird in die Mitte genommen und dieses Lebensverständnis kennt den „Bruder Tod“. „Warum müssen wir sterben?“ ist jene Frage, die als Antwort „Weil wir leben“ anerkennt. Wir gehen an die Gräber zu Menschen, die sich oft aufgeopfert, Liebe und Empathie gelebt haben, in die Compassion gegangen sind. Damit wird der Friedhofbesuch in direkter Weise auch ein Protest gegen die rein kapitalistische Sicht, die die liebevolle Hingabe, das hingebungsvolle Opfer, dass sich jemand hingebungsvoll zur Verfügung stellt, als vollkommen idiotisch ansieht. Liebe sprengt die Logik des Marktdenkens. Zweckfreie, hingebungsvolle Liebe scheint vielen heute übertrieben, sentimental oder gar naiv. Eine neue Convivialität sieht das als Zentrum, gerade auch mit Blick auf die jetzt im Raum stehenden Herausforderungen wie Krieg, Klima oder Transformation der alltäglichen Lebensvollzüge.

Der Wunsch nach sozialer Begegnung, nach heilenden Beziehungen und haptischer Verbundenheit liegt in der Natur des Menschen. Gerade das Zusammentreffen der Familie, der Großfamilie, des Freundeskreises am Friedhof in den Tagen des Gedenkens an unsere Verstorbenen kann diese neue und tiefe Convivialität zum Ausdruck bringen. Leben und Sterben sind unser Leben. Die kirchlichen Rituale und die Traditionen vieler Vereine zu Allerheiligen und Allerseelen – beispielsweise der Musikkapellen – sind kein Selbstzweck, sondern Ausdruck, Hilfe und Unterstützung darin, dass Menschen zusammenfinden und den Tod wie die Verstorbenen in ihre Lebensmitte holen. Auch die neuen Formen von Ritualen wie beispielsweise der Katholischen Jungend mit der „Nacht der 1000 Lichter“ greift dieses Urbedürfnis des Menschen auf.

Wir wissen: Erst wenn Rituale geteilt werden, entfalten sie ihre Kraft. Diese Kraft kann gerade am Friedhof und in den Kirchen erlebt und als besonderes Belebungsmittel Richtung neue Convivialität erfahrbar werden.

Kontakt:
Ferdinand Kaineder
0043 699 1503 2847

27. September 2022

Genug ist genug. Tagung des Katholischen Forums

Am Samstag, 12. November sprechen Referent/innen und Podiumsdiskussions-Teilnehmer/innen darüber, warum es so schwer fällt, mit etwas, das so nicht weitergehen kann, aufzuhören. Gibt es eine Kunst des Aufhörens, die es erst zu lernen gilt?
Den Satz: „So kann es doch nicht weitergehen“, kann man sich als vieltausendfachen Kommentar zu den täglichen Fernsehnachrichten vorstellen, als anschwellenden Stoßseufzer, der allabendlich zur vorgeschriebenen Stunde aus den Ritzen der traulichen Wohnstuben kriecht. Man sollte meinen, dass diese einhellige Lagebeurteilung uns ermutigt, aufzuhören mit dem als falsch Erkannten. Stattdessen richten wir alle Anstrengungen darauf, das Falsche immer mehr zu verfeinern in der trügerischen Annahme, es werde sich im Zuge solcher Raffinierung schon zum Richtigen mausern: Wir irren uns empor.

Es sei offensichtlich, dass in vielen Bereichen unserer Gesellschaft ein „Weiter so“ keine zukunftsfähige Option darstellt, sagt Referentin Marianne Gronemeyer. Klimachaos, Natur- und Landschaftsverbrauch, soziale Schieflagen und gesellschaftliche Spaltungstendenzen, zunehmende Orientierungslosigkeit und bröckelndes Vertrauen in die kirchlichen ebenso wie in die demokratischen Institutionen sind bekannte Stichworte dazu. Wir wissen zwar viel über die Ursachen und Hintergründe dieser problematischen und längerfristig in die Katastrophe führenden Erscheinungen, doch ein Umdenken ist unglaublich schwer. Auch die in der Zeit der Corona-Pandemie gemachten leidvollen Erfahrungen und die in diesem Zusammenhang oft angesprochene Notwendigkeit, dass sich etwas in unserer Lebensweise ändern müsse, scheinen schon wieder aus dem Blick geraten zu sein.

Warum fällt es so schwer, mit etwas, das so nicht weitergehen kann, aufzuhören? Gibt es eine Kunst des Aufhörens, die es erst zu lernen gilt?
„Die Kunst des Aufhörens wirft zwei eng miteinander verbundene Fragen auf. Die erste betrifft das Womit: Womit will ich, muss ich aufhören? Die zweite fragt danach, worauf zu hören ist. Womit muss ich aufhören, damit ich fähig werde, auf etwas, das im Rauschen der Betriebsamkeit unhörbar ist, zu hören? Und umgekehrt: Worauf müsste ich hören, damit ich mit etwas, das so nicht weitergeht, aufhören kann?“

Bei dieser gemeinsam vom Katholischen Forum, der Cusanus-Akademie und dem Katholischen Sonntagsblatt organisierten Tagung gehen wir diesen Fragen nach. Im Eröffnungsreferat wird Marianne Gronemeyer das Thema der Kunst des Aufhörens in seiner Vielschichtigkeit aufschließen und so die notwendigen Impulse für die Vertiefung der Tagungsthematik bieten.

Programm der Tagung und Anmeldung über den Link: https://www.cusanus.bz.it/de/bildungsprogramm/genug-ist-genug-womit-h%C3%B6ren-wir-auf-worauf-h%C3%B6ren-wir/27-9786.html

18. Oktober 2022

Die Schwachen zuerst

Vortrag von Prof. Reimer Gronemeyer
Ort: Waltherhaus Bozen
Zeit: 26. Oktober 2022 um 20.00 Uhr

Die Coronapandemie ist ein Trainingslager für kommende Krisen. Der Ausnahmezustand kann
über Nacht zum Alltag werden. Werden die Schwächsten der Gesellschaft zuerst über
die Klinge springen?
Für den Theologen und Soziologen Reimer Gronemeyer braucht es eine Umkehrung:
Die Schwachen müssen zum Maßstab für das Wohl der Menschen werden.

Anmeldung: beim Südtiroler Kulturinstitut, Tel. 0471 313 800
Eintritt: 8 Euro; Studenten 5 Euro

26. September 2022

Religionen - Hoffnung in einer taumelnden Welt.

Ein internationaler Aufruf.

Hier finden Sie den Aufruf: https://info.zulehner.org/site/projekte/religionenhoffnungfuerein

Hier können Sie die Petition unterzeichnen: https://www.change.org/p/religionen-hoffnung-f%C3%BCr-eine-taumelnde-welt?recruiter=491221678&recruited_by_id=ba9dd970-d6e5-11e5-9fcc-eb8910c31f35&utm_source=share_petition&utm_campaign=share_petition&utm_term=share_petition&utm_medium=copylink&utm_content=cl_sharecopy_34425387_de-DE%3A1

Dieser Podcast erläutert die Entstehung des Aufrufs und interpretiert den Text: https://open.spotify.com/episode/10oqAPDZ0MXRFOvWXURDQT?si=387243073b5b4b30&nd=1

16. August 2022

Genug ist genug. Tagung des Katholischen Forums

Genug ist genug. Womit hören wir auf? Worauf hören wir?

Tagung des Katholischen Forums in Zusammenarbeit mit der Cusanus Akademie und dem Katholischen Sonntagsblatt

Samstag, 12. November 2022, Cusanus-Akademie Brixen

Es ist offensichtlich, dass in vielen Bereichen unserer Gesellschaft ein „Weiter so“ keine zukunftsfähige Option darstellt. Klimachaos, Natur- und Landschaftsverbrauch, soziale Schieflagen und gesellschaftliche Spaltungstendenzen, zunehmende Orientierungslosigkeit und bröckelndes Vertrauen in die kirchlichen ebenso wie in die demokratischen Institutionen sind bekannte Stichworte dazu. Wir wissen zwar viel über die Ursachen und Hintergründe dieser problematischen und längerfristig in die Katastrophe führenden Erscheinungen, doch ein Umdenken ist unglaublich schwer. Auch die in der Zeit der Corona-Pandemie gemachten leidvollen Erfahrungen und die in diesem Zusammenhang oft angesprochene Notwendigkeit, dass sich etwas in unserer Lebensweise ändern müsse, scheinen schon wieder aus dem Blick geraten zu sein.
Warum fällt es so schwer, mit etwas, das so nicht weitergehen kann, aufzuhören? Gibt es eine Kunst des Aufhörens, die es erst zu lernen gilt?
„Die Kunst des Aufhörens wirft zwei eng miteinander verbundene Fragen auf. Die erste betrifft das Womit: Womit will ich, muss ich aufhören? Die zweite fragt danach, worauf zu hören ist. Womit muss ich aufhören, damit ich fähig werde, auf etwas, das im Rauschen der Betriebsamkeit unhörbar ist, zu hören? Und umgekehrt: Worauf müsste ich hören, damit ich mit etwas, das so nicht weitergeht, aufhören kann?“ So Marianne Gronemeyer.

Bei dieser gemeinsam vom Katholischen Forum, der Cusanus-Akademie und dem Katholischen Sonntagsblatt organisierten Tagung gehen wir diesen Fragen nach.

Im Eröffnungsreferat wird Marianne Gronemeyer das Thema der Kunst des Aufhörens in seiner Vielschichtigkeit aufschließen und so die notwendigen Impulse für die Vertiefung der Tagungsthematik bieten.

Isabella Bruckner und Josef Stricker knüpfen in ihren Vorträgen daran an: Ausgehend von der Forderung „Auf die Zeichen der Zeit hören, die Zeichen der Zeit erkennen“ beleuchten sie die doppelsinnige Frage nach dem „Aufhören“ in Bezug auf die Kirche bzw. auf die Gesellschaft.

Die Podiumsdiskussion am Nachmittag ist dem Thema gewidmet: Genug ist genug. Maß und Genügsamkeit als Kennzeichen eines zukunftsfähigen Lebensstils. Wie geht das?

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Programm

9.00 Uhr: Eröffnung und Begrüßung

9.15 Uhr: Genug ist genug. Von der Kunst des Aufhörens. Marianne Gronemeyer

10.00 Uhr: Auf die Zeichen der Zeit hören. Die Zeichen der Zeit erkennen: … In der Kirche. Womit hören wir auf? Worauf hören wir? Isabella Bruckner

10.45 -11.15: Pause

11.15 Uhr: Auf die Zeichen der Zeit hören. Die Zeichen der Zeit erkennen: … In der Gesellschaft. Womit hören wir auf? Worauf hören wir? Josef Stricker

Am Nachmittag

14.00 Uhr: Gesprächsrunden mit den Teilnehmern

15.00 Uhr: Podiumsdiskussion zum Thema: Genug ist genug. Maß und Genügsamkeit als Kennzeichen eines zukunftsfähigen Lebensstils. Wie geht das?

16.30 Uhr: Abschluss der Tagung

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Referent/innen:

Marianne Gronemeyer, Sozial- und Erziehungswissenschafterin, war Professorin für Erziehungswissenschaften an der Fachhochschule Wiesbaden, Vordenkerin der wachstumskritischen Debatte. Autorin zahlreicher Bücher, u.a. „Die Macht der Bedürfnisse“, „Das Leben als letzte Gelegenheit“, „Genug ist Genug“, und zuletzt „Die Grenze. Was uns verbindet, indem es uns trennt“.
Isabella Bruckner, Theologin, Assistenzprofessorin am Institut für Fundamentaltheologie und Dogmatik der KU Linz, ab Herbst 2022 mehrjährige Stiftungsprofessur an der internationalen Benediktinerhochschule Sant‘ Anselmo in Rom.
Josef Stricker, Priesterweihe 1964, ab 1968 Arbeiterpriester, 26 Jahre lang von 1975 bis zur Pensionierung 2001 Gewerkschafter beim SGB/CISL, nachher geistlicher Assistent bis 2019 beim KVW. Träger des Ehrenzeichens des Landes Tirol und des Bischof-Josef-Gargitter-Preises.

Diskussionsteilnehmer/innen am Podium:

Brigitte Knell (Katholische Aktion Österreich), Katja Engl (SKJ), Florian Kronbichler (Journalist), Heiner Oberrauch (Unternehmerverband), Magdalena Amhof (L.abg.)
Moderation: Jutta Wieser

12. August 2022

Josef-Mayr-Nusser-Gedenktag

Josef-Mayr-Nusser­-Gedenktag am 3. Oktober 2022
Widerstand: wann fängt er an?

Am Montag, 3. Oktober 2022, laden diözesane Organisationen und Ämter zum Gedenktag des Seligen Josef Mayr-Nusser in das Bozner Pastoralzentrum. Es diskutieren Vincenzo Passerini, Karin Rassler, Alex Lamprecht und Landeshauptmann Arno Kompatscher zum Thema “Widerstand: wann fängt er an?”.

Bereits am Samstag, 1. Oktober 2022, findet im Teatro Cristallo in Bozen ein Workshop für Jugendliche statt. Wofür sind diese Menschen eingetreten? Wofür haben sie gelebt und gekämpft? Was hat sie motiviert und was haben sie uns zu sagen? Und wir? Wofür leben wir eigentlich? Wofür setzen wir uns ein? In welchen Bereichen sind wir unbequem oder müssen es sogar sein? Gemeinsam sollen beim Workshop Antworten auf diese existenziellen Fragen gefunden werden.

WORKSHOP: Wann handeln? Zeugen des Widerstands – ein Tag mit Josef Mayr-Nusser
Samstag, 1.10.2022
Bozen, Teatro Cristallo

  • Zielgruppe: Jugendliche zwischen 17-25
  • Dauer:10:00-12:30 und 14:00-16:30
  • Anmeldung: online innerhalb 17. September auf https://forms.gle/GNT72YUrmt9xMMcU7

Wir begeben uns gemeinsam auf eine Spurensuche. Dabei begegnen uns faszinierende Gestalten aus Geschichte und Gegenwart, die uns durch ihr Wort und Beispiel bis heute herausfordern. Wofür sind diese Menschen eingetreten? Wofür haben sie gelebt und gekämpft? Was hat sie motiviert und was haben sie uns zu sagen? Und wir? Wofür leben wir eigentlich? Wofür setzen wir uns ein? In welchen Bereichen sind wir unbequem oder müssen es sogar sein? Begleitet von Josef Mayr-Nusser, dem Märtyrer aus Bozen, werden wir gemeinsam Antworten auf diese existenziellen Fragen suchen.

PODIUMSDISKUSSION: Widerstand – wann fängt er an?

Montag, 3.10.2022
Bozen, Pastoralzentrum

19 Uhr
Einfinden mit Text und Musik

19.45 Uhr
Podiumsdiskussion mit
LH Arno Kompatscher
Vinzenco Passerini
Karin Rassler
Alex Lamprecht

Moderation: Johanna Brunner

Am 4. Oktober 1944 hat Josef Mayr-Nusser den SS-Eid auf Adolf Hitler verweigert. Er wurde darauf inhaftiert und verstarb auf dem Transport ins KZ. Sein mutiges „Nein“ zu Hitler war die innere Folge seines sozialen und christlichen Einsatzes, seiner Gewissensbildung und seiner Glaubenshaltung.

Auch heute brauchen wir Zivilcourage, Einsatz für andere, Mut und Hingabe. Sogar heute ganz besonders, angesichts der großen Fragen, die uns beschäftigen: Klimawandel, Migration, Ausbeutung – und zuletzt auch noch die Pandemie.

Mut, Einsatz, Zivilcourage und Hingabe brauchen wir auch im Kleinen: Zuhause, unter Freunden, mit uns selbst. Der christliche Glaube kann hier Motivation sein. Das Vorbild von Josef Mayr-Nusser ermutigt aber auch zur Erneuerung der Kirche selbst von ihrer Mitte her.

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Die Plattform “Gedenktag Josef Mayr-Nusser” ist ein freier, informeller Zusammenschluss von Organisationen, die sich zum Ziel setzt, jährlich den Gedenktag des Seligen Josef Mayr-Nusser zu begehen. Damit soll die Erinnerung an den Bozner Seligen und seine Verehrung in der Diözese gefördert werden und sein Vorbild für ein mutiges, christliches und solidarisches Leben aufgezeigt werden. Dabei stehen seine politisch/zivile Bedeutung und seine kirchlich/religiöse Bedeutung gleichermaßen im Vordergrund. Der Bozner Dom mit der Grablege des Seligen ist dabei ein Fixpunkt.

Teil der Plattform sind folgende Organisationen:

  • youngCaritas
  • Pastorale giovanile
  • SKJ Südtirols Katholische Jugend
  • Azione Cattolica
  • Friedenszentrum
  • Dompfarre Bozen
  • Katholisches Forum
  • Consulta delle aggregazioni laicali
  • Diözesanes Amt für Ehe und Familie
  • Seelsorgeamt der Diözese
  • Haus der Familie
  • Teatro Cristallo​​​​​​​
21. Mai 2022

Feierliche Übergabe des Bischof-Joseph-Gargitter-Preises

Am Samstag, 21. Mai war es soweit. Der Bischof-Joseph-Gargitter-Preis 2022 wurde feierlich an Lois Anvidalfarei und Roberta Dapunt übergeben.
Es war eine schöne und beeindruckende Feststunde. Das Museion in Bozen konnte die zahlreich gekommenen Gäste kaum fassen. Nach einer musikalischen Einstimmung durch das Duo Aurora und der Begrüßung der Anwesenden und der Ehrengäste, vor allem der heurigen Preisträger, durch die Vorsitzenden des Katholischen Forums und der Consulta delle Aggregazioni laicali, wurde kurz auf die Geschichte und die Bedeutung des Bischof-Gargitter-Preises hingewiesen und die bisherigen Preisträger in Erinnerung gerufen.
Der Präsident der Jury, Florian Kronbichler, verlas die Begründung für die Wahl der heurigen Preisträger Lois Anvidalfarei und Roberta Dapunt. Nach der Preisübergabe und der Laudatio auf die Preisträger durch Stefania Pitscheider dankte Roberta Dapunt, auch im Namen von Lois Anvidalfarei, für die Zuerkennung des Preises. Bischof Ivo Muser ging in seinenm Grußwort auf die theologische Dimension im Werk Lois Anvidalfareis und Roberta Dapunts ein.
Das Duo Aurora mit Christine Hübner an der Harfe und Viktoria Gögele an der Violine umrahmten in gekonnter Weise die Feierstunde.
Beim anschließenden Umtrunk auf dem Platz vor dem Museion gab es reichlich Gelegenheit zum Gespräch unter den Gästen und mit den Preisträgern.

20. April 2022

Bischof-Joseph-Gargitter-Preis geht an Lois Anvidalfarei und Roberta Dapunt

Der Bischof-Joseph-Gargitter-Preis 2022 geht an das ladinische Künstler-Ehepaar Lois Anvidalfarei und Roberta Dapunt. Dies hat die Preisjury am 8. April dieses Jahres einstimmig beschlossen.

Der Gargitter-Preis ist gestiftet vom Katholischen Forum und der Consulta diocesana. Er ehrt laut Stiftungsstatut Persönlichkeiten, die sich in außerordentlicher Weise für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung in unserem Land einsetzen. Der Preis wird alle drei Jahre vergeben, dieses Jahr zum 9. Mal und ist mit 5.000 Euro dotiert.

Mit der Verleihung des Preises an das Ehepaar Anvidalfarei-Dapunt hat die Jury auf mehrerlei Weise einen neuen Weg beschritten. Zum ersten Mal wird ein Paar ausgezeichnet. Zum ersten Mal wird zu den ehrungswürdigen Leistungen auf sozialem und politischem Gebiet, wie bisher geschehen, jene auf dem Feld der Kunst hinzugefügt. Und ebenfalls zum ersten Mal geht die Auszeichnung im Namen von Bischof Gargitter, dem das friedliche Zusammenleben der Sprachgruppen im Land stets ein großes Anliegen war, an Ladiner, und das gleich im Paar.

Lois Anvidalfarei, Jahrgang 1962, und Roberta Dapunt, 1970, beide geboren und (nach der für Kunstschaffende üblichen Weltwanderzeit) wieder wohnhaft in Abtei, bilden über alle menschlichen Bindungen hinweg eine künstlerische Einheit, wie sie so selten zu finden sein dürfte. Lois ist Bildhauer, er modelliert und malt. Roberta schreibt. Sie veröffentlicht in renommierten Verlagen, mehrheitlich auf Italienisch. Nur die Kunst-Gattung unterscheidet die beiden. Die Botschaft ihrer Kunst ist die gleiche: Lois gleich wie Roberta geht es um den Mensch in seiner Ganzheit, seinen Halt im Leben wie seinen Verletzlichkeiten. In beiden stets präsent ist die Begegnung mit dem Feld des Glaubens. Bei ihrer unstrittig überregionalen, ja internationalen Bekanntheit haben die beiden immer auch ihre Erdung im heimatlichen Ladinien bewahrt. Sie sind Weltbürger geworden und Bergbauern geblieben. Auch dieser Anspruch: Heimat bewahren und der Welt sich öffnen, darf als einem gargitterischen Geist entsprechend empfunden werden.

Beide, Roberta als Schriftstellerin und Dichterin, Lois als Bildhauer und Zeichner, setzen die Leiblichkeit des Menschen in den Mittelpunkt ihrer Aussage. Immer gegenwärtig und nur einem oberflächlichen Betrachter oder Leser nicht erschließbar ist die zutiefst christliche Grundhaltung. Loisns bronzene Nacktheiten schreien förmlich nach Leiblichkeit und mögen manches fromme Gemüt damit verstören. Sie sind aber so wie Robertas Gedichte auch immer eine Auseinandersetzung mit Mensch-, also Fleischwerdung. Gott selbst ist Fleisch geworden. Der Preis an das Künstlerpaar sei deshalb auch verstanden als Ermutigung an die Kirche, Abschied zu nehmen von der alten Leibfeindlichkeit. Die Kunst von Lois Anvidalfarei und Roberta Dapunt will nicht nur gefallen. Sie fordert heraus. Künstlerinnen und Künstler beweisen oft ein besonders sicheres Gespür für das, was Segen und Nöte der Zeit sind. „Die Zeichen der Zeit erkennen!“ war eine Lieblingsformel von Bischof Joseph Gargitter. Die Preis-Jury ließ sich in ihrer Entscheidung von diesem Aufruf leiten.

Bozen, 8. April 2022
Die Jury: Florian Kronbichler (Präsident), Sr. Klara Rieder, Marisa Dallago, Paola Carbajal, Rosmarie Crazzolara, Rosario Celi, Karl Leiter.

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Il Premio Joseph Gargitter 2022 va alla coppia di artisti ladini Lois Anvidalfarei e Roberta Dapunt. Così è stato deciso all'unanimità dalla giuria del premio l'8 aprile di quest'anno.

Il Premio Gargitter fu istituito dal Forum Cattolico e dalla Consulta diocesana. Per statuto, esso onora personalità eccezionalmente impegnate per la giustizia, la pace e la conservazione del creato nella nostra terra. Il premio viene assegnato ogni tre anni, quest'anno per la nona volta, ed è dotato di 5.000 euro.

Assegnando il premio alla coppia Anvidalfarei-Dapunt, la giuria ha percorso una nuova strada in diversi modi. Per la prima volta, viene premiata una coppia. Per la prima volta, ai meriti da onorare nel campo sociale e politico si sono aggiunti quelli nel campo dell'arte. E pure per la prima volta, il premio a nome del vescovo Gargitter, che si è sempre preoccupato della convivenza pacifica fra i gruppi linguistici nel Sudtirolo, va ad una coppia ladina.

Lois Anvidalfarei, classe 1962, e Roberta Dapunt, 1970, entrambe nati e (dopo il consueto periodo di peregrinazione degli artisti) tornate a vivere a Badia, formano un'unità artistica al di là del loro rapporto umano-civile, come raramente se ne trovano. Lois è uno scultore, modella e dipinge. Roberta scrive. Pubblica in case editrici rinomate, soprattutto in italiano. Solo il genere di arte distingue i due. Il messaggio della loro arte è uno e uguale: Lois, come Roberta, si occupa dell'essere umano nella sua interezza, del suo sostegno nella vita così come delle sue vulnerabilità. Sempre presente in entrambi è l'incontro con il campo della fede. Nonostante la loro indiscutibile fama sovraregionale, persino internazionale, i due hanno sempre mantenuto le loro radici nella nativa Ladina. Sono diventati cittadini del mondo e sono rimasti contadini di montagna. Questa aspirazione a conservare la propria Heimat e ad aprirsi al mondo può pure essere percepita come corrispondente allo spirito di Gargitter.

Sia Roberta come scrittrice e poetessa che Lois come scultore e disegnatore mettono la fisicità dell'essere umano al centro del loro messaggio artistico. Sempre presente, e impercettibile solo a un osservatore o lettore superficiale, è l'approccio profondamente cristiano. I nudi di bronzo di Lois gridano letteralmente alla corporalità e possibile che turbino qualche mente pia. Ma come anche le poesie di Roberta, sono sempre un confronto con il divenire umano, cioè il divenire carne. Dio stesso si è fatto uomo, ovvero carne.

Il premio alla coppia di artisti va quindi inteso anche come incoraggiamento alla chiesa ad abbandonare e superare vecchie ostilità verso il corpo umano. L'arte di Lois Anvidalfarei e Roberta Dapunt non intende solo piacere. Ci vuole sfidare. Gli artisti con la loro speciale sensibilità per i segnali dei tempi ci servano da bussola. “Cogliere i segnali dei tempi!” Era una formula cara al vescovo Joseph Gargitter. La giuria del premio, nella sua decisione, si è lasciata guidare da questo invito.

Bolzano, 8 aprile 2022
La giuria: Florian Kronbichler (presidente), Sr. Klara Rieder, Marisa Dallago, Paola Carbajal, Rosmarie Crazzolara, Rosario Celi, Karl Leiter.

28. Februar 2022

Für die Menschen in der Ukraine: Beten, fasten und konkret helfen.

Seit Donnerstag, 24. Februar ist die Welt eine andere. Der vom Präsidenten der Russischen Konföderation W. Putin in Gang gesetzte Überfall auf die Ukraine stellt einen offenen Bruch des Völkerrechts dar und offenbart vorangegangene Beteuerungen und Stellungnahmen des Präsidenten Putin als bewusste Täuschung und Lügen.
Der Vorstand des Katholischen Forums stimmt mit Überzeugung der Stellungnahme der Katholischen Aktion Österreichs zu: „Wir erheben unsere Stimme, um diese Ungerechtigkeit als Gewaltakt zu benennen. Wir sind im Gebet bei den Menschen, die diesen Krieg nie wollten und die sich nun als machtlos und schutzlos erleben. Wir wissen, dass auch viele Russen diesen Krieg nicht wollen, es ist ein vom jetzigen autokratischer Herrscher entfachter Kriegszug…. Wir erinnern an alle Möglichkeiten der gewaltfreien Konfliktlösung, die trotz des Krieges nicht in Vergessenheit geraten sollten. Es wird uns, es wird Europa vielleicht als Schwäche ausgelegt, hier immer wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren zu wollen. Doch das ist eine Existenzfrage für uns: In welcher Welt wollen wir leben? Wo andere Länder überfallen werden, wo Souveränität eine leere Hülle ist? Wir haben uns für eine Welt entschieden, die im und durch den Dialog zu Lösungen kommen will und deren oberster Wert das gute Zusammenleben ist, und dafür werden wir weiterhin eintreten“ (Aus der Stellungnahme der Kath. Aktion Österreichs vom 24.02.2022).

Der Papst hat den kommenden Aschermittwoch (2. März) zu einem Gebets- und Fasttag für die ganze katholische Kirche erklärt. Auch Bischof Ivo Muser bittet alle Gläubigen der Diözese Bozen-Brixen in diesem Anliegen zu beten und zu fasten. Wir rufen in diesen Tagen der Gewalteskalation dazu auf, dem Aufruf des Papstes und unseres Bischofs zu folgen und für den Frieden zu fasten und um diesen zu beten.

Wir rufen unsere Mitgliedsorganisationen, aber auch die Einrichtungen des Landes, die Gemeinden, die Pfarrgemeinden und die vielen Organisationen der Zivilgesellschaft dazu auf, nach Möglichkeiten der konkreten Hilfe und Unterstützung für die aus der Ukraine in unser Land flüchtenden Menschen zu suchen. Gerade die beginnende Fastenzeit fordert uns dazu heraus: „Das ist ein Fasten, wie ich es liebe: die Fesseln des Unrechts zu lösen, die Stricke des Jochs zu entfernen, die Versklavten freizulassen, jedes Joch zu zerbrechen, an die Hungrigen dein Brot auszuteilen, die obdachlosen Armen in dein Haus aufzunehmen, wenn du einen Nackten siehst, ihn zu bekleiden und dich deinen Verwandten nicht zu entziehen…“ (Jes. 58, 6-7).

27. Januar 2022

„Die Wahrheit wird euch frei machen…“ (Joh. 8,32). Stellungnahme zur Missbrauchsdebatte

Die Veröffentlichung des Münchner Missbrauchsgutachtens hat auch in unserem Land für Aufsehen und Irritation, Enttäuschung und Erschrecken gesorgt. Die sich seit Jahren drehende Spirale der ans Licht kommenden Fälle des Missbrauchs Minderjähriger und schutzbedürftiger Personen im engeren und weiteren Kontext der Kirche hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Das Leid der Betroffenen und der Mitbetroffenen lässt sich nicht mehr einfach übersehen und dem Vergessen anheim geben.

Auch unsere Diözese ist in mehrfacher Hinsicht gefordert:
Die Einrichtung des diözesanen Dienstes für den Schutz von Minderjährigen stellt einen wichtigen Schritt für die Prävention von Missbrauch dar. Ebenso war die bereits 2010 erfolgte Errichtung der Ombudsstelle für innerkirchliche Missbrauchsfälle ein wichtiger Baustein in diesem Kontext. Längerfristig wirksame Prävention ist aber nur in Zusammenhang mit einer ehrlichen Ursachenanalyse des Machtmissbrauchs und der sexualisierten Gewalt in der Kirche möglich. Es wird deshalb auch danach zu fragen sein, worin – neben persönlichkeitsbezogenen Faktoren der Täter – begünstigende und zudeckende Faktoren für ein Missbrauchsverhalten im System der Kirche selbst liegen. Vieles deutet darauf hin, dass vorhandene Machtstrukturen, Abhängigkeiten, ein überhöhtes Priesterbild sowie u.a. Mängel im Auswahlverfahren für Priesteramtskandidaten oder fehlende Begleitung und Supervision eine wesentliche Rolle spielen. Eine solche Auseinandersetzung stellt letztendlich das bisher gewohnte Bild der Institution Kirche in Frage, sie wird schmerzhaft sein und großen Mut erfordern.

„Wachen, aufwachen, die Augen öffnen: Diese Aufforderung durchzieht immer wieder die biblischen Aussagen. Sie kann geradezu als kategorischer Imperativ der biblischen Traditionen gelten.“ So könnte man nach Johann Baptist Metz auch die Aufgabe der Kirche im Zusammenhang mit den kirchlichen Missbrauchsfällen benennen. Viel zu lange wurde der aus Scham verstummte Schrei der alleingelassenen Betroffenen und deren niedergeschlagener Blick nicht gehört und nicht gesehen. Damit wurde es den Opfern auch unmöglich gemacht, ihr erlittenes Unrecht zur Sprache zu bringen. Die von der Diözese gemeinsam mit dem Fachbeirat ins Auge gefasste Studie zur Aufarbeitung der Missbrauchsfälle der Vergangenheit ist deshalb unabdingbar und darf nicht auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Eine von einer unabhängigen Kommission durchgeführte, wissenschaftlich begleitete Aufarbeitung der Vergangenheit blickt mit den Augen der Betroffenen auf das erlittene Leid und gibt ihnen ihre Würde zurück. So kann ihnen und allen Beteiligten Gerechtigkeit widerfahren.

Eine umfassende Aufklärung der vergangenen Missbrauchsfälle und ein entschiedenes Handeln, das zukünftigem Missbrauch entgegenwirkt, erfordert Mut. „Die Wahrheit“, die dabei ans Licht drängt, „wird euch frei machen“. Das ist uns in der frohen Botschaft zugesagt. Das gilt für die Betroffenen, das gilt auch „für die vielen Gläubigen und engagierten Priester, die tagtäglich versuchen, dem Evangelium in den pluralen und oft zerklüfteten Lebenswelten ein ansprechendes Gesicht zu geben“ (so der Theologe Jan Heiner Tück), und es gilt auch für die Täter.

Bozen, 27.01.2022
6. Januar 2022

Ausschreibung Bischof-Joseph-Gargitter-Preis 2022

Der Bischof-Joseph-Gargitter-Preis ist gestiftet vom Katholischen Forum und der Consulta diocesana delle aggregazioni laicali und soll Persönlichkeiten oder Gruppen ehren, die sich in außerordentlicher Weise für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung in unserem Land eingesetzt haben und einsetzen. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert und wird alle drei Jahre vergeben.

In diesem Jahr, 2022, soll der Preis zum 9. Mal verliehen werden.

Die Stiftungsorganisationen haben zum Zweck eine Jury eingesetzt. Diese schreibt hiermit den Bischof-Joseph-Gargitter-Preis 2022 öffentlich aus. Sie lädt die Mitgliedsverbände der beiden Stiftungsorganisationen sowie alle Mitbürgerinnen und Mitbürger ein, Persönlichkeiten oder Gruppierungen vorzuschlagen, die sich im Sinne des Preises besonders verdient gemacht haben und/oder dies immer noch und weiterhin tun werden.

Vorschläge sollen enthalten:

- Name der vorschlagenden Person oder Organisation;
- Name und Kontakt der für den Preis vorgeschlagenen Persönlichkeit bzw. Organisation;
- kurze Schilderung der von der Persönlichkeit oder Organisation erbrachten Leistungen und erworbenen Verdienste;
- Begründungen für die Zuerkennung des Preises;
- Jede für zweckmäßig erachtete Zusatz-Information.

Vorschläge sind an die Jury des Bischof-Joseph-Gargitter-Preises zu richten und bis spätestens 19. März 2022 persönlich oder per Post an das Seelsorgeamt, Domplatz 2, 39100 Bozen oder per E-Mail an seelsorge.pastorale@bz-bx.net einzureichen.

Termin-Vorankündigung:

Die Verleihung des Bischof-Joseph-Gargitter-Preises 2022 ist auf Mitte Mai 2022 anberaumt. Genauer Termin und Einladung folgen zeitnah.

Bozen, Dreikönig 2022

Florian Kronbichler
Vorsitzender der Jury

Luciana Fiocca
Präsidentin der Consulta delle aggregazioni laicali

Sonja Reinstadler und Franz Tutzer
Vorsitzende des Katholischen Forums