Mit einer Eucharistiefeier ist am 9. Mai in Linz das 75-Jahr-Fest der Katholischen Aktion
Österreich (KAÖ) eröffnet worden. Die Katholische Aktion feiert ihren 75. Geburtstag in einer
Zeit des vielleicht größten Umbruchs der Kirche seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil,
stellte die Linzer Theologin Prof. Klara Csiszar, Teilnehmerin an der Weltbischofssynode, in
ihrer Ansprache beim Gottesdienst fest. Laut Papst Franziskus ist „Synodalität der Weg, den
Gott sich von der Kirche des dritten Jahrtausends erwartet“. Synodalität sei „die
Voraussetzung für einen neuen missionarischen Aufbruch der Kirche, für einen neuen
Schwung, der das ganze Volk Gottes miteinbezieht“.
Der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl unterstrich: „Wenn die Kirche auf ihrem synodalen
Weg prophetischer werden möchte, dann gilt das auch für das Laienapostolat der
Katholischen Aktion.“ Das Zugehen auf die Menschen und die Gesellschaft – in der Arbeit, in
der Freizeit, in den Familien – sei in den vergangenen Jahrzehnten die erste Aufgabe des
Laienapostolats gewesen. Gegenwärtig drohe die „Frohe Botschaft“ des Christentums neben
Leuchtreklamen, Video-Clips und Social Media-Blasen unterzugehen. „Hier ist unser erster
Auftrag, dass in unserer sich schnell verändernden Welt die Frohe Botschaft lebendigt bleibt,
dass wir gemeinsam Jesus in der Gesellschaft spürbar machen“, so der für die KA zuständige
Referatsbischof. „Wenn wir ‚Tiefe und Weite‘ suchen, um Zukunft zu finden, dann müssen
wir zu einer Kirche des Zuhörens und Verstehens werden.“
„Niemand kennt die Antwort auf die Frage, wie die Welt, wie es in Österreich aussehen wird,
wenn die Katholische Aktion ihren 100. Geburtstag feiern wird. Niemand kann mit Sicherheit
sagen, wie die Kirche aussehen wird. Es wird sie noch geben. Das steht außer Frage“, sagte
der Bischof. Die Frage nach der Zukunft der Kirche habe sich im Auf und Ab der Geschichte
immer gestellt. „Neu ist unser Versuch, im Sinne der Synodalität gemeinsam unterwegs zu
sein, uns gegenseitig wertschätzend“, so Krautwaschl. „Durch ein gutes Entfalten der
Charismen wird das ‚Apostolat der Laien‘ weiter einen wichtigen Platz in der Kirche
einnehmen. Schreiten wir gemeinsam in gegenseitiger Wertschätzung in die Zukunft!“
KAÖ-Präsident Ferdinand Kaineder begrüßte zu dem „Aufbruchsfest in synodalem Stil“ im
Linzer Rathaus die rund 300 Gäste, namentlich die Vorsitzenden der Gliederungen der KA und der KA in den Diözesen. Anwesend bei der Messe waren neben Bischof Krautwaschl der Linzer
Altbischof Maximilian Aichern und die Diözesanbischöfe Manfred Scheuer (Linz) und Josef
Marketz (Klagenfurt) sowie Weihbischof Franz Scharl (Wien).
„Im guten Sinn anstrengend“
Csiszar erinnerte in ihrer Ansprache daran, dass die Katholische Aktion auch andere Töne aus
Rom kenne, „Töne der Zurechtweisung, Töne des Misstrauens, statt Töne des ZuhörenWollens, des Verstehen-Wollens und des Vertrauens“. „Ihr wart oft in eurer Geschichte
vielleicht zu früh dran und habt ähnlich wie die Propheten viel aushalten müssen und Geduld
lernen müssen. Doch ihr seid nicht müde geworden und kündigt – wie wir sehen, synchron
zu Rom – einen Aufbruch an“, so Theologin.
Franziskus spreche bekannterweise von einem missionarischen Aufbruch der Kirche, „von
einem Aufbruch, der den Blick auf die Sendung der Kirche richtet, auf die Leidenschaft
Gottes für diese Welt und nicht auf die eigenen Ängste, auf die eigene Unsicherheit, auf
sinkende Kirchenbeiträge, auf immer leerer werdenden Kirchen“. Csiszar: „Eine Kirche im
Aufbruch, und übertragen auf euch, eine Katholische Aktion im Aufbruch, weiß um ihre
Sendung.“
Im Evangelium nenne Jesus Zeichen, die der Glaube bewirkt. Er befreie „von Dämonen“, d.h.
von Ängsten, und Menschen mit weniger Angst „bringen sich mehr für ein gutes Miteinander
ein“. „Glaubende, die im Spirit des Miteinanders anpacken wollen, stehen heute für
Mitverantwortung, für Gleichberechtigung und gleiche Würde ein“, so die Theologin.
Wenn Glaubende laut der Bibel „in neuen Sprachen reden“, meint das: Sie beschränken sich
nicht auf ihr Nation, auf ihre Tradition, auf ihre Kultur oder Denkweise, sondern sind „ein
Sauerteig des Miteinanders über alle Grenzen hinweg“. Csiszar: „Der neue Stil, der in der
Weltkirche gerade erlernt wird, baut auf solche Menschen, die ihre eigene Position nicht
absolut setzen, die sich von der Vielfalt in der Kirche, in der Gesellschaft oder in einer
Gemeinschaft faszinieren lassen, Vielfalt fördern, und im guten Sinne des Wortes die Kraft
und Schönheit der Katholizität entdecken.“ Der Glaube motiviere, „sich für andere
Erfahrungen, Kulturen zu öffnen, aufmerksam zu bleiben, wenn Menschen ausgeschlossen
werden, und die Stimme zu erheben, wenn Menschenwürde verletzt wird. Glaubende, die in
neuen Sprachen sprechen, sind Wegbereiter des Friedens und Schlüsselpersonen im
Aufbruch.“
Gläubige Menschen werden, so die Bibel, „Schlangen mit den Händen anfassen“, was
bedeute, dass sie Bedrohungen und gefährlichen Umständen nicht ausweichen, sondern sich
ihnen zu stellen und sie zu ändern versuchen. „Es geht darum, mit vielen anderen daran zu
arbeiten, dass es zum Umbruch kommt, dass den Menschen und dieser Welt immer weniger
Leid zugefügt wird. Glaubende, die die Schlangen mit den Händen anfassen, sind heute zum
Beispiel Menschen, die gegen die existenzielle Bedrohung der einen Menschheit durch die
Klimakatastrophe auftreten. Menschen, die für das gemeinsame Haus Sorge tragen, aber
auch Ungleichbehandlung von Mann und Frau in der Gesellschaft, in der Kirche sehen und
sich für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern einsetzen“, sagte die Theologin.
Ähnliches gelte für den Umgang mit dem „Gift“ des mangelnden Vertrauens, des
Misstrauens. Es gelte, „das Vertrauen nicht zu verlieren, dass in jeder Wirklichkeit eine
Möglichkeit, den nächsten Schritt im Leben zu wagen, verborgen ist“.
Csisar abschließend: „Der Missionsauftrag, der uns an die Arbeit schickt, der uns über uns
selbst hinausführt sowohl individuell, aber auch als Gemeinschaft, als Katholische Aktion im
Aufbruch, macht uns im guten Sinne des Wortes unruhig. Ich habe in den vergangenen
Tagen Personen gefragt, was fällt denn ihnen ein, wenn sie von der Katholischen Aktion
hören? In einer Antwort hieß es: Sie sind, ihr seid anstrengend – im guten Sinne des Wortes.
Anstrengend, weil sie, weil ihr aus der Leidenschaft zu Gott und aus der Leidenschaft zu den
Menschen lebt.“